Joanna Gleich, geboren 1959 in Kluczbork, Polen, lebt und arbeitet seit 1979 in Wien.
1979 Abschluss am Lyzeum der bildenden Künste in Opole, 1985 - 1990 Studium der Malerei an der
Akademie der bildenden Künste in Wien bei Prof. Wolfgang Hollegha, Diplom mit Auszeichnung. Studienaufenthalt in New York, langjährige Dozentin an den
Akademien in Lienz, Geras und Bad Reichenhall. Zahlreiche Ausstellungen in Österreich, Polen, Deutschland und der Schweiz, sowie zahlreiche Werke in öffentlichen Sammlungen in Österreich und
Polen.
Joanna Gleich, Ausstellungsansichten 2023
Joanna Gleichs Malerei ist ein Ereignis wie aus einem Guss. Und das, obschon sie, getrennt, vorgerührt und gemischt, von Dutzenden einzelner Porzellanschalen auf die grundierte Leinwand kommt. Die Künstlerin in einem Interview: "Es geht mir nicht um das volle Ausschöpfen des Spektrums. Aber es muss harmonieren. Weil bei jeder Form das Licht anders auf die Fläche fällt, muss auch die Farbe anders sein, und diese Blickrichtung muss man noch übertreiben. Es geht um räumliche Vorstellungskraft - man muss in den Bildern umhergehen können, um sich darin zu verlieren. " Die kurzen Passagen aus dem Interview rühren an den Kern von Gleichs Malerei, an den unerschöpflichen Reichtum ihrer farbigen Mittel und den Sog, der von ihren Bildern ausgeht. Er speist sich nicht nur aus den - manchmal unerfindlichen - Wegen des Farblichts, sondern nicht weniger aus einer Pinselschrift von kraftvoller, biegsamer Breite. Indem der Malakt vor allem stehend, von oben zum Boden hin, erfolgt, wird das Format zum Tanzboden für eine gleichermaßen expressiv ausfahrende, wie konstruktiv gefestigte, gelegentlich auch lyrisch beschwingte Choreographie. Gottfried Knapp hebt zurecht darüber hinaus die individuelle Konsistenz eines jeden Pinselstrich hervor. Jeder ist eine Aktion und bewirkt eine Gegenreaktion. Ein innerer Kompass der Künstlerin zielt, ohne Schwächung der Polaritäten, auf Abstimmung, Ausgleich und höhere wechselseitige Effektivität. In einer solchen Steigerung verdichtet die mannigfache Ausrichtung sich zur komplexen Komposition.
Wer die Bilderreihen über die letzten zwei Jahrzehnte hinweg verfolgt, wird einmal die früh einsetzende, ungeheure Sicherheit, dann aber die locker hingestrichene Spontanität im Umgang mit der Farbe bewundern. Nichts klumpt pastos, meist verteilt die Farbe sich dünnflüssig glatt. so dass die gebärdenhafte Energie, die gebündelte Ausrichtung bis in die Pinselspitze spürbar bleibt. Die wuchtigen Blöcke stauen und behindern sich nicht dickleibig, sondern schichten sich, fast elegant, indem sie unter und übereinander gleiten. Aufhellungen schaffen Spielräume und lassen unbeschwert atmen. Die Pinselbahnen türmen sich durch farbige Spektren, die Licht und Dunkelheit umfassen. Wo Massen zusammentreffen, trennte eine Art pittoreske Reißverschluss das Gefüge, während Schichtungen die Bildfläche rhythmisch gliedern und stufenweise überlagern. Balken treten vor und zurück. Hintergründe greifen nach vorne, springen den Betrachter förmlich an, vor allem aber: nie gesehene Farbkombinationen — gelb dunkles rotviolett, lindgrün akkordieren sich wie unter einem Zauber in vollem Zusammenklang. Sie behaupten sich, eingehüllt in einen lichtgrünen Fond. Die neue Einheit ist Entdeckung und Erfindung zugleich. Eine begnadete Koloristin geht nicht nur Risiken ein, sie reüssiert auch mit stimmigen Treffern, die der Palette neue, reiche Möglichkeiten eröffnen.
MANFRED SCHNECKENBURGER